Eine historische Exkursion
Die Basler Mittwoch-Gesellschaft 1907 ist seit langem mit dem Begriff «Stänzler» verbunden. Da die Kostümierung an den stets zahlreicher werdenden Auftritten die Gesellschaftskasse erheblich belastete, liess man im Jahre 1922 eine eigene Uniform anfertigen. Diese «Stänzler» wurden erstmals an der Fasnacht dieses Jahres zum Sujet «Platzkommandomisere» getragen und haben uns seither an unzählige Anlässe im In- und Ausland begleitet.
Stellt aber heute jemand einem Mittwöchler die Frage, wer denn eigentlich die Stänzler gewesen seien, so wird er ausser einem Achselzucken die etwas unsichere Antwort «Stadtwache» zu hören bekommen. Damit sind die Kenntnisse des Gefragten in der Regel erschöpft; diesem Umstand abzuhelfen und diese Lücke zu füllen, soll der Zweck dieser Kapitel sein.
«Und willst du nicht mein Bruder sein, so schlag ich dir den Schädel ein!» Dieser Ausspruch des Fürsten Bernhard von Bülow umschreibt trefflich die Situation um das Sicherheitswesen bis ins ausgehende Mittelalter. Denn in grauer Vorzeit oblag es jedem einzelnen, auf der Hut zu sein und sich notfalls seiner Haut und Habe zu wehren. Wo in der Folgezeit keine Truppen für die öffentliche Sicherheit sorgten, haben in der Regel die wehrfähigen Bürger ablösungsweise den Wachtdienst versehen (Bürgerwehr), oder es wurden, wie in Basel, die Zünfte mit dieser Aufgabe betraut.
Die schweren und unruhigen Zeiten des Dreissigjährigen Krieges erforderten gebieterisch eine gründliche Remedur des bis anhin arg vernachlässigten Wachtwesens. Als anfangs der zwanziger Jahre des 17. Jahrhunderts zahlreiche fremde Truppen in bedrohliche Nähe von Basel rückten, stellte der Rat zum Schütze Stadt mehrere hundert Söldner in den Dienst. Aus dieser angeworbenen Truppe entwickelte sich mit der Zeit Basler Stadtgarnison.
Diese Streitmacht war in vier Kompagnien eingeteilt. Die erste Kompagnie, die zahlenmässig stärkste, stand unter dem Befehl des Stadtlieutenants, der die Funktionen eines Platzkommandanten ausübte; die anderen Kompagnien wurden durch Hauptleute geführt. Die Stadtgarnison hatte den Wachtdienst unter den Toren zu versehen; für jedes Détachement war ein Wachtmeister verantwortlich, der nicht von der Truppe, sondern von der Bürgerschaft gestellt wurde. Nach Kriegsende wurde der Bestand der Stadtgarnison aus Kostengründen reduziert, umfasste jedoch stets zwischen siebzig und hundert Mann.
Bis gegen Ende des 17. Jahrhunderts waren die Soldaten bei der Bevölkerung einquartiert. Im Jahre 1691 entschloss man sich, ihnen «Locamenten und Cazernes» zur Verfügung zu stellen. Diese Truppenunterkünfte wurden in drei ehemaligen Klöstern eingerichtet; das Klingental- und das Predigerkloster sowie das «Blömlein», das ehemalige Kloster der Reuerinnen der heiligen Maria Magdalena in der Steinen, beherbergten fortan die Stadtgarnison. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts wurde nur noch die Blömleinkaserne benützt.
Bis in jene Zeit bestand die Bekleidung der Soldaten allgemein aus Lederwams und Brustharnisch; eine Unterscheidung von Freund und Feind geschah damals meistens durch farbige Schärpen, die über die Schulter oder um die Hüfte getragen wurden. Die ersten Uniformen im heutigen Sinne tauchten erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts auf. Aus dem 2. Eroberungskrieg gegen die Niederlande (1672-1678) kennen wir die blauen und grauen Mäntel der Franzosen und die roten Röcke der verbündeten Engländer. So kam auch in Basel im Jahre 1692 die Uniformierung der Stadtgarnison im Rat zur Sprache, und auf Ende des gleichen Jahres gab die oberste Behörde ihre Einwilligung zur Anfertigung derartiger Monturen.
Am 24. Oktober 1798 marschierten die französischen Truppen in der Stadt ein und übernahmen sofort den Wachtdienst unter den Toren sowie die Verwahrung der Torschlüssel. Der Stadtgarnison verblieb nur noch die Hauptwache und die Polizeiwache auf dem Richthaus im Kleinbasel (an der Stelle des heutigen Café Spitz). Sie war damit ihrer wichtigsten Aufgabe entkleidet, und bald darauf erlosch Basels in einer stürmischen Zeit für kriegerische Zwecke geschaffenes stehendes Heer.
Im Jahre 1804 verliessen die französischen Truppen unsere Stadt. Sogleich trat die Standeskompagnie an die Stelle der 1799 verschwundenen Stadtgarnison. Diese Standeskompagnie war wieder eine angeworbene Truppe; deren Soldaten wurden im Volksmund «Stänzler» genannt. Die Stärke dieser Truppe wurde gesetzlich auf 200 Mann festgelegt; dieser Sollbestand wurde erstmals im Herbst 1805 erreicht. Die Rekruten mussten Schweizer Bürger, ledigen Standes und protestantischer Konfession sein, mussten mindestens das sechzehnte Altersjahr vollendet und durften höchstens das 36. erreicht haben.
Ihre Grösse sollte mindestens fünf Schuh und ein Zoll französisches Mass erreichen (ziemlich genau 1,65 m). Sie wurden für eine Dienstzeit von zwei oder von vier Jahren verpflichtet. Beim Eintritt fasste jeder angehende Soldat eine «grosse Montur»; diese bestand aus dem Waffenrock, einem Kamisol, einem Paar Hosen und der Kopfbedeckung, dem Tschako. Zudem erhielt jeder noch einen Zwilchkittel, zwei Hemden, ein Paar Schuhe, ein Paar Gamaschen sowie zwei Krawatten. Überdies bezahlte die Stadt dem so Neuangeworbenen noch einen Neuthaler als Handgeld. Der Sold betrug für einen Feldweibel 10 Batzen, einen Sergeanten 6 Bz., ein Korporal verdiente 5 Bz., der Tambour erhielt 3 Batzen 5 Rappen und der «Gemeine», also der gewöhnliche Soldat, musste sich mit 3 Batzen täglich begnügen. Hierzu fasste noch jeder eine Ration von anderthalb Pfund Brot pro Tag. Ihren nicht gerade horrenden Sold durften die Männer allerdings in ihrer Freizeit mit kleineren oder grösseren Handreichungen an die Bevölkerung aufbessern. Gegen ein bescheidenes Entgelt, das meistens sofort in Alkohol umgesetzt wurde (Stammlokal der Stänzler war der sogenannte «Käsmerian», die nachmalige Brauerei Senglet am Leonhardsberg, wo man für einen alten Batzen - nach heutigem Gelde - etwa 15 Rappen ein Glas Bier nebst einer grossen Portion Käse und Brot erstehen konnte), stellten sich die Stänzler für alle möglichen Hausarbeiten, wie Teppich klopfen usw., zur Verfügung. Wer hierbei zu Klagen Anlass gab, «durfte» dann vor dem Rathaus stundenlang den scharfkantigen Rücken des Hölzernen Esels reiten. Dieses «Tier» bestand aus einem mannshohen hölzernen Gestell mit vier Beinen und einem grossen Kopf mit mächtigen Ohren; es besass einen scharfkantigen und deshalb äusserst unbequemen Rücken. Das «Reiten» des Hölzernen Esels, während dem der also Beglückte nebst der «lieblichen und zarten Wollust der hinter teiligen Gefühle» auch noch den oft handgreiflichen Spott der Bevölkerung - besonders der Buben - zu erdulden hatte, gehörte zu dieser Zeit zu den meistangewandten leichteren Strafen im Militärdienst.
Wie früher schon die Stadtgarnison waren die Stänzler in der Blömleinkaserne untergebracht, an deren Stelle heute der von Jean Tinguely geschaffene Theaterbrunnen plätschert. Die Aufgabe der Standeskompagnie war der Sicherheitsdienst. Sie versah die Wache unter den sieben Stadttoren sowie beim Rathaus, dem Zeughaus, der Kaserne und der Rheinbrücke. Die Torwachen waren
dafür verantwortlich, dass keine herumstrolchenden, gemeingefährlichen Leute die Stadt betreten konnten. Alle fremden Personen zu Fuss, zu Pferde oder mit einem Wagen mussten angehalten und dem Torschreiber zugewiesen werden, damit sie dieser examinieren und ihre Pässe oder Wanderbücher kontrollieren konnte. Besondere Aufmerksamkeit mussten die Wächter Fremden widmen, die öfters ohne Bündel oder Gepäck und hauptsächlich auch bei eingetretener Dämmerung reisten. Beim Einnachten, wenn die Torglocke geläutet wurde, hatten sie das Tor zu schliessen. Der Postenchef musste musste sich persönlich davon überzeugen, dass Riegel und Schlösser an der Barriere und am Tor ordnungsgemäss vorgelegt und abgeschlossen waren. Die Schildwache auf der Hauptwache beim Rathaus hatte dafür zu sorgen, dass keine verdächtigen Personen in dieses Gebäude gelangen konnten. Ein weiterer Schilderposten hinter dem Kaufhaus (der ehemaligen Barfüsserkirche) musste die dort abgestellten Wagen und Waren bewachen und hatte dafür zu sorgen, dass längs der Mauer nicht geraucht wurde. Jedem Fremden, der einen Hund mit sich führte, musste überdies zur Kenntnis gebracht werden, dieser sei an der Leine zu führen.
Die Rheinbrücke war den Stänzlern besonders ans Herz gelegt worden. Sie hatten darauf zu achten, dass die Brücke nicht zu schnell befahren wurde oder dass die Reiter nicht darüber trabten oder gar galoppierten, dass schwerbeladene Wagen nicht auf ihr anhielten und vor allem, dass auf der Brücke nicht geraucht wurde. Immerhin bestand diese Brücke aus sechshundertjährigem Holz, und sie war die einzige in Basel! Eine andere Aufgabe der Standeskompagnie war die Fremdenkontrolle. Ein Mann musste allabendlich eine «Pintenkehr» absolvieren, um in den Gasthöfen die Namenslisten der Hotelgäste einzuziehen. Die nächtlichen Patrouillen mussten ihre Route in grösstmöglicher Stille absolvieren, jedoch hatten sie jeden Passanten anzurufen.
Nebst all diesen Funktionen wurde die Truppe mit der Handhabung der Feuerspritze vertraut gemacht. Die Stänzler waren also Nachtwächter, Objektschützer, Fremdenpolizisten und Feuerwehrmänner in einem. Einmal in Woche war Markttag. An diesen Tagen musste die Kompagnie drei Mann zum Kornhaus und zwei Mann zum Fischmarkt detachieren. An Sonn- und Festtagen sowie während des dienstäglichen Wochengottesdienstes hatte die Mannschaft für feierliche Stille in der Stadt zu sorgen. Immer wieder kam vor dem Rat die Aufhebung der Standeskompagnie zur Debatte, da sie mancher als eine unnütze und überflüssige Einrichtung betrachtete. Im Jahre 1824 heisst es in einem Gutachten, die geographische Lage Basels erfordere nach wie vor eine stehende Schildwache unter jedem Stadttor, umso mehr «als Basels Pforten die äussersten Posten gegen Frankreich» bedeuteten. Gegen eine Beibehaltung allerdings spreche das Wenige, das die Truppe in polizeilicher Hinsicht leiste, sowie «das Unmoralische ihres Betragens». Der damalige Polizeidirektor Oberst Wieland hielt hingegen «eine militärisch organisierte, unter strenger Disziplin gehaltene und auf die kleinstmögliche Anzahl Mannschaft berechnete Truppe» für den Sicherheitsdienst unentbehrlich.
Mit dieser «strengen Disziplin» scheint es jedoch bedenklich gehapert zu haben. Man weiss zu berichten, dass die Stänzler jeweils «Gelegenheit fanden, des Nachts nach der Retraite aus der Kaserne zu schleichen und die Nacht bei liederlichen Dirnen zuzubringen». War ein Trupp der bekanntermassen recht trinkfesten Stänzler im Anmarsch, dann kam nicht selten «zuerst eine Wolke von Schnapsdunst zum Vorschein und erst hintendrein die Standeskompagnie»! In der unruhigen Zeit der politischen Wirren, die indirekt durch die französische Julirevolution von 1830 beeinflusst worden sind und die zu einer Erhebung der Landbevölkerung gegen die Stadt führten, musste der Bestand der Standeskompagnie durch Neuanwerbungen ständig erhöht werden. So zählte im Jahre 1831 die Truppe 290 und anno 1833 gar 390 Mann. Der 3. August 1833, der schwärzeste Tag in der neuern Basler Geschichte, sollte auch zu einem folgenschweren Tag für die Basler Standeskompagnie werden. Gegen den Willen der Stänzler kam es beim Gefecht bei der Hülftenschanze zum Rückzug der von Oberst Benedict Vischer kommandierten Basler Truppen. Der Rest ist Geschichte; auf eidgenössischen Befehl musste die Standeskompagnie entwaffnet und aufgelöst werden.
Schon auf Ende des Jahres 1833, nach der Kantonstrennung, wurde eine neue Garnison, diesmal unter dem Namen Standestruppe, aufgebaut. Der Kern dieser neuen Truppe bestand aus einem grossen Teil der ehemaligen Stänzler. Durch ein Gesetz vom 4. Februar 1834 wurde ihre Zahl auf 201 Mann festgelegt. Das Tagespensum war nicht gerade sehr anstrengend: morgens rückte die Garnison, wenn es das Wetter leiden mochte (!), zu ihrer militärischen Übung aus, und abends um 18.30 Uhr fand die Wachtablösung statt, d.h. die Mannschaften zogen für die nächsten 24 Stunden auf ihre Posten beim Rathaus und unter den Stadttoren. Bei festlichen Anlässen versahen sie zudem den Ehrendienst.
Auch jetzt genoss die Standestruppe kein besonders hohes Ansehen bei der Einwohnerschaft. Ständig gab es Desertionen von Soldaten, die ausrissen, um sich in fremde Dienste anwerben zu lassen. Allein im Jahre 1845 verliessen 28 Mann die Fahne, darunter ein Korporal, der mit drei Mann seinen Posten im Stich Hess. Wegen der Anwerbung von Ausländern kam es 1848 zu Meutereien in der Truppe. Als zwei Soldaten schweizerischer Herkunft disziplinarisch bestraft werden sollten, verlangten etwa dreissig Mann die Entlassung sämtlicher Ausländer. Die Polizeiwache wurde gestürmt, ein Unteroffizier wurde zusammengeschlagen. Diese Meuterei führte zur Entwaffnung und Aufhebung der Truppe. Sodann wurden 113 Mann entlassen und der Rest provisorisch wieder angeworben. (Siehe dazu auch den Beschluss des Bundesrates von 1848.) Erneut kam im Grossen Rat die Abschaffung der Standestruppe und deren Ersatz durch ein eigentliches Gendarmeriekorps zur Sprache. Eine Mehrheit des Rates vertrat allerdings die Ansicht, dass wegen der inzwischen ausgebrochenen badischen Revolution die Garnison beibehalten werden müsse. Auch 1851 konnte sich eine konservative Mehrheit nicht zur Aufhebung der Standestruppe entschliessen, obwohl das Stadtkollegium der Meinung war, dass durch die neue Bundesverfassung ganz andere und neue Situationen und Bedürfnisse entstanden seien, bei denen sich eine Auflösung der Standestruppe rechtfertige und deren Dienst der Polizei übertragen werden könne. Gegen eine Aufhebung sprach allerdings der Umstand, dass sich in Basel der Begriff der Beamtenehre noch nicht auf die Polizeiangestellten ausgedehnt hatte. Deshalb wurde der Beruf des Polizisten als nicht besonders ehrenvoll betrachtet und war somit auch nicht besonders gesucht, abgesehen von der äusserst geringen Besoldung.
Trotzdem war die Auflösung der Garnison nicht mehr zu vermeiden. Anlass -hierzu gab die intensive Abwerbung gut ausgebildeter Stänzler durch französische und englische Werber, die dicht an der Basler Grenze hausten. Trotz ernsthafter Bemühungen der Basler Behörden gelang es nicht, einen Grossteil der Stänzler vom Eintritt in fremde Kriegsdienste abzuhalten. Allein vom Februar bis Ende November 1855 desertierten 73 Mann. So kam es, dass die Standestruppe nach und nach in die Stellung einer «englischen Rekrutenschule» gedrängt wurde, deren Absolventen nur eine gute Gelegenheit zur Desertion abwarteten. Als es dann gar noch geschah, dass die gesamte Wache am St. Johanns-Tor miteinander ausriss, nachdem sie das Tor geschlossen und den Schlüssel in den Stadtgraben geworfen hatten, kam das sprichwörtliche Fass zum Überlaufen. Derartige Zustände verunmöglichten das Weiterbestehen dieser Truppe; sie wurde am 14. Juni 1856 aufgelöst. Damit endete die letzte stehende Truppe der Schweiz. Ihre Aufgaben wurden in der Folge vom seit 1816 bestehenden Landjägerkorps übernommen, das die Nachfolge der seit 1744 bestehenden Stadt- und Landharschiere angetreten hatte und aus dem schliesslich unser heutiges Polizeikorps hervorgegangen ist.
Leider scheint keine einzige Original-Uniform der Stänzler mehr zu existieren; auch nur Teile derselben, wie Tschakos oder Röcke, sind nirgends zu finden. Aufgrund von Abbildungen und Beschreibungen von Basler Uniformen im Staatsarchiv und im Historischen Museum sowie in einschlägiger Militärliteratur können wir jedoch mit Sicherheit feststellen, dass unsere «Stänzler»-Uniform mitnichten die der Stänzler, also der Standeskompagnie, sondern die der Artilleriekompagnie des Basler Stadtregimentes der Basler Miliz ist - und nicht einmal diese ganz stubenrein!
Die Artillerie des Stadtregimentes: Im Gesetz über die «Organisation der Miliz und des gemeineidgenössischen Kontingents im Kanton Basel» vom 9. März 1804 finden wir den Kanton in drei Militärbezirke eingeteilt. Die in der Stadt Basel dienstpflichtigen Männer waren dem Regiment Nr. 1, dem Stadtregiment, zugeteilt; das 2. Regiment war das Waldenburger und das 3. das Liestaler Regiment. Das Stadtregiment zählte eine Kompagnie Grenadiere, vier Kompagnien Füsiliere, eine Kompagnie Artillerie und eine Kompagnie Leichte Kavallerie. Seine Uniform war anfänglich grün mit roten Vorstössen; Kragen, Rabatten, Aufschläge, Futter und Schossumschläge waren ebenfalls rot. Die Weste und die Hosen waren weiss; auf dem Kopf wurde ein hoher, schwarzer Zweispitz, ähnlich dem legendären Hut Napoleons, getragen.
Die grüne Uniform des Stadtregiments wurde 1811 abgeschafft, als für die gesamte Miliz des Kantons der Uniformunterschied zwischen dem Stadt- und den Landregimentern dahinfiel. Die «Verordnung wegen Uniformierung der Miliz» vom 19. Juni 1811 schrieb allen Dienstpflichtigen die einheitliche dunkelblaue Uniform mit rotem Kragen und roten Aufschlägen vor. Auf den Schossumschlägen wurden Embleme aus schwarzem Stoff angebracht: für die normale Infanterie (Füsiliere) ein Stern, für die Schützen und Jäger ein Jagdhorn (heute meistens als Posthorn fehlgedeutet) und für die Grenadiere und die Artillerie eine «Brennende Granate». Gleichzeitig wurde die weisse Hose durch eine dunkelblaue ersetzt. Wir können jedoch annehmen, dass zu Paraden oder zur Gala weiterhin weisse Hosen getragen wurden. Ebenso führte man den Tschako ein. Der Kinnriemen, der zum Schutz der Wangen gegen feindliche Säbelhiebe in der Regel mit metallenen Schuppen besetzt war, wurde bei fast allen Armeen als Garnitur über den Schild geklappt oder noch häufiger zum Pompon am oberen Rand gezogen. In den zwanziger Jahren wurde die «französische» Tschakoform, die sich nach oben verbreiterte, durch den zylindrischen Tschako, der wohl aus England stammt, abgelöst (Deckel gleich gross wie Kopfumfang). Die eidgenössische Ordonnanz vom 8. August 1843 schrieb dann bereits den konischen Tschako mit geradem Schirm vor (Deckel kleiner als Kopfumfang), der wegen seiner Form nicht unzutreffenderweise «Ziegerstock» genannt wurde.
Die Uniformierung der Stänzler entsprach weitgehend derjenigen der kantonalen Miliz. Als Schützen oder Jäger trugen die Angehörigen der Standeskompagnie das Emblem des Jagdrufs auf den Rockschössen. Auf Abbildungen sind sowohl weisse als auch blaue Hosen anzutreffen, so dass wir annehmen dürfen, dass zur Zeit des «französischen» Tschakos (vermutlich bis zur Kantonstrennung und der Auflösung der Standeskompagnie) wie beim Stadtregiment zum Exerzieren wohl dunkle Hosen, zum Dienst und zur Parade aber weisse getragen wurden. Die Hosen wurden übrigens damals durch einen breiten Hosenlatz verschlossen; der Hosenschlitz kam erst in den vierziger Jahren in Mode!
Die Röcke der Spielleute waren zwischen den Knöpfen mit waagrechten Tressen, den sogenannten Brandenburgs, versehen; die Tambouren trugen überdies ein weisses Schossleder, das die Hosen vor Abnützung und Beschädigungen durch die Trommel schonte. Die Uniform um 1850, also die der seit 1833 bestehenden Standestruppe, weist dunkelblaue Hosen auf. Dazu wurde bereits der «Ziegerstock»-Tschako Modell 1843 getragen. Ob und wann bei den Stänzlern je der zylindrische, englische Tschako getragen worden ist, konnte nirgends festgestellt werden.
Wenige Jahre vor der Auflösung der Standestruppe im Jahre 1856 kam es noch einmal zu einer Modernisierung der Uniform, indem der seit Bestehen der Standeskompagnie getragene Frack durch den vorne zweireihig geschlossenen, nahezu knielangen Waffenrock ersetzt wurde. Bei Bedarf, vor allem in der kalten Jahreszeit, trugen die Stänzler einen ebenfalls dunkelblauen Kaput.
«Stanzler-Uniform» der BMG: Wie bereits erwähnt, entspricht unsere Uniform nicht genau einem historischen Vorbild. Deshalb sei an dieser Stelle unsere Montur ein für allemal genau beschrieben:
Dunkelblauer, zweireihiger Frack mit scharlachrotem Kragen, scharlachroten Ärmelaufschlägen, Vorstössen und Schossumschlägen, garniert mit roten, wollenen Fransenepauletten. Auf den Frackschössen zwei senkrecht verlaufende, nach innen gerichtete, rot passepoilierte Taschenklappen mit drei Spitzen. Auf den Schossumschlägen je eine brennende Granate aus schwarzem Stoff. Die Taschenklappen und die Schossumschläge sind festgenäht.
Knöpfe aus gelbem Metall, mit geprägten gekreuzten Kanonenrohren und brennender Granate, in folgender Anordnung: Vorne zwei Reihen zu sieben grossen Knöpfen, hinten zwei grosse Knöpfe in der Taille und je drei auf den Taschenklappen; auf den in eine Spitze auslaufenden Ärmelaufschlägen je zwei kleine Knöpfe.
Die Offiziersuniform des Tambourmajors zeigt folgende Abweichungen: Kragen und Ärmelaufschläge dunkelblau mit roten Rabatten sowie rotes Revers. Auf den Schossumschlägen je eine brennende Granate in Silberstickerei. Silberne Fransenepauletten aus Metall. Knöpfe aus weissem Metall ohne Prägung in gleicher Anordnung, jedoch je drei Knöpfe auf den Ärmelrabatten, und je ein Knopf auf den Kragenrabatten und dem Revers. Silberne Achselschnüre.
Zur Uniform wird einheitlich eine weisse Hose und darunter weisse Gamaschen sowie schwarzes Schuhwerk getragen. Der Tambourmajor, der Fähnrich und die Fahnenwache tragen zudem weisse Handschuhe.
«Französische», nach oben ausladende Form aus schwarzem Filz, am oberen und unteren Rand mit einem Lederstreifen abgeschlossen. Versehen mit Glanzlederschirm. Mit Schuppen aus gelbem Metall besetzte Kinnriemen über dem Schirm gekreuzt (an unseren Tschakos sind dies lediglich Attrappen aus Messingblech, dafür zusätzlich noch ein Paar lederne, unter dem Kinn getragene Sturmbänder). Darüber eine brennende Granate aus gelbem Metall. Uber der Basler Kokarde aus Blech (aussen weiss, innen schwarz), zugleich Ganse, ein roter Pompon mit roter Huppe.
Der Fähnrich trägt anstelle der roten Huppe über dem Pompon einen Federstutz aus weissen Hahnenfedern sowie eine geflochtene Fangschnur aus weisser Wolle.
Kinnriemen
Der Tschako des Tambourmajors besitzt Kinnriemen mit silbernen Schuppen (diesmal echte), anstelle der brennenden Granate eine silbergetriebene Raute mit Baselstab und über dem Pompon einen Stutz aus weissen Hahnenfedern sowie eine weisse geflochtene wollene Fangschnur.
Der Fähnrich trägt den Mannschaftssäbel der Infanterie Ord. 1852 mit Messinggriff über dem Waffenrock, schwarze, weiss abgesetzte Fahnenbandelier mit Gesellschafts-Emblem und Köcher.
Die Fahnenwache trägt den gleichen Mannschaftssäbel wie der Fähnrich an weissem Lederbandelier, gekreuzt mit ebenfalls weissem Lederbandelier mit schwarzer Patronentasche. Das über der linken Schulter getragene Taschen-Bandelier wird über dem Säbel-Bandelier, aber unter den Epauletten, getragen. Dazu ist sie mit dem Perkussionsgewehr der eidg. Ordonnanz 1842 ausgerüstet, das an weissem Tragriemen mit aufgepflanztem Bajonett getragen wird.
Die Pfeifer tragen das gleiche Kreuzbandelier mit Säbel und Patronentasche wie die Fahnenwache.
Der Tambourmajor ist mit dem Infanterie-Offizierssäbel Ord. 1852 mit rotem Schlagband ausgerüstet; dieser wird in einer Säbeltasche an weissem Ledergurt getragen. Der Gurt, der mit einer doppelten Löwenkopfspange geschlossen wird, wird unter dem Frack getragen. Der Tambourmajor trägt ferner über der rechten Schulter ein schwarzes, weiss abgesetztes Regimentstambour-Bandelier mit BMG-Emblem und silbernem Schlegelhalter, worin ein Paar hölzerne Trommelschlegel stecken.
Die Tambouren schliesslich sind unbewaffnet. Sie tragen lediglich das schwarze, weiss abgesetzte Tambouren-Bandelier mit BMG-Emblem und silbernem Schlegelhalter.
Die Fahne, die den Stänzlern der BMG voranflattert, stammt aus dem Jahre 1954 und kostete damals 75 Franken. Sie ist den Militärfahnen des 18. Jahrhunderts nachempfunden, die bis um 1840 in Gebrauch waren. Anfangs des 16. Jahrhunderts war die Zeit der grossen nationalen Kriege vorbei (Marignano); die ehrwürdigen alten Banner hatten ausgedient. Fortan rückten die Eidgenossen nur noch unter ihren «Fähnlein» ins Feld. In der Zeit der Religionskriege tauchten bei Schweizerkompanien in französischen Diensten Fahnen mit durchgehendem weissem Kreuz auf; die vier Felder, die durch das Kreuz gebildet wurden, waren entweder alle horizontal gestreift, oder nur die oberen Felder zeigten dieses Muster, während die unteren einfarbig waren. Als Farben wurden die der Livree oder des Wappens der betreffenden Hauptleute verwendet. Die Fahne der päpstlichen Schweizergarde ist noch heute nach diesem Muster gestaltet.
In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts tauchte ein neues Fahnenmuster auf, das während rund 200 Jahren das Bild der schweizerischen Militärfahnen und die der Schweizerregimenter in fremden Diensten prägen sollte: das Flammenmuster. Zunächst waren die Flammen diagonal ineinandergreifend angeordnet, d. h. die einen züngelten vom Kreuzwinkel gegen aussen, die anderen von der äusseren Ecke gegen innen. Eine Fahne der Schmiedenzunft aus dem Jahre 1644 zeigt in den durch das weisse Kreuz gebildeten Feldern ineinandergreifende rote und weisse Flammen.
An der Schwelle des 18. Jahrhunderts wurde das Flammenmuster der Fahnen der Schweizerregimenter in französischen Diensten geändert. Anstelle der diagonal angeordneten, ineinandergreifenden Flammen traten radial angeordnete, gegen die inneren Kreuzwinkel zulaufende Flammen. Der Einführung des neuen Flammenmusters bei den Schweizerregimentern in Frankreich folgte nach und nach die entsprechende Änderung der schweizerischen, kantonalen Militärfahnen. Die in den diagonal geflammten Fahnen des 17. Jahrhunderts zum grossen Teil noch herrschenden Farben von Talschaften, Ämtern und Städten wichen im 18. Jahrhundert den Standesfarben.
Jedoch nicht alle Orte der Eidgenossenschaft nahmen für ihr Militär das Flammenmuster mit dem durchgehenden weissen Kreuz an. Die Fahnen Luzerns beispielsweise trugen ein Kreuz in den Standesfarben; andere Orte, wie Appenzell Ausserrhoden, übernahmen wohl ein Flammenmuster, nicht aber das Kreuz. Im Historischen Museum sind Militärfahnen aus dem 18. Jahrhundert mit durchgehendem weissem Kreuz und weiss-schwarz geflammten Feldern erhalten, zwei davon mit einem mittleren Medaillon, das den mit einem grünen Kranze umgebenen Baselstab trägt. Die im Staatsarchiv aufbewahrte Zeichnung einer Bataillonsfahne von 1818 entspricht den vom Basler Kriegsrat erlassenen Bestimmungen; sie ist weiss-schwarz geflammt mit durchgehendem weissem Kreuz und rot-weisser Schleife, entsprechend dem eidgenössischen Militärreglement von 1817. In der Kreuzmitte steht der schwarze Baselstab in einem grünen Eichenlaubkranz.
Wohl jedem Basler sind die Fahnen der Drei Ehren-Gesellschaften bestens bekannt, die alljährlich am Vogel Gryff gehisst werden. Sie zeigen ebenfalls das weisse, durchgehende Kreuz, mit dem Gesellschaftswappen belegt; die umgebenden Flammen zeigen die jeweiligen Wappenfarben.
Den unablässigen Bemühungen des Genie-Obersten und nachmaligen Generals Dufour ist es zu verdanken, dass am 21. Juli 1840 die Annahme neuer Militärfahnen, die allesamt im roten Felde das schwebende weisse Kreuz zeigten, beschlossen wurde. Das Schweizerkreuz wurde damals noch aus fünf Quadraten gebildet, d. h. die Arme waren alle gleich lang wie breit; dieses etwas plump wirkende Kreuz wurde erst am 12. Dezember 1889 durch das heutige Schweizerkreuz ersetzt; dessen «unter sich gleich lange Arme je einen Sechsteil länger als breit sind».
Wenn auch unsere Uniformen die der Basler Artillerie sind, sind sie doch als «Stänzler» in die Geschichte der BMG eingegangen. Und, so finden wir, dabei soll es auch bleiben, gibt doch das Stichwort «Stänzler» am Stammtisch immer wieder Anlass zu schönen, lustigen, freudigen oder auch wehmütigen Erinnerungen. Dank diesen schmucken, wenn auch, besonders im Sommer, etwas warmen Uniformen durften wir schon an ungezählten Festen und Umzügen teilnehmen, die uns manchmal gar bis nach Paris, Nizza oder noch weiter führten. Das stolze Bild der vorbeimarschierenden Stänzler liess zudem oft manch Mädchenherz höher schlagen - der Schreibende weiss hiervon aus eigener Erfahrung zu berichten. Doch das gehört nicht hierher.
Im Jahre 1922, also vor 60 Jahren, 66 Jahre nach der Auflösung der Standestruppe, haben die Stänzler bei der BMG ihren Einzug gehalten. Sie sind, besonders in neuester Zeit, nicht immer unumstritten gewesen. Doch, wie wir gesehen haben, ist auch diese Hass-Liebe beste Stänzler-Tradition, denn auch die Standeskompagnie war mitunter recht unpopulär.
In diesem Sinne wünschen wir unseren Stänzlern das Allerbeste und hoffen, sie mögen uns weiterhin so treu in die Zukunft begleiten.
Hans-Peter Meyer